Freude über genug Freiräume

Nach 29 Jahren wird VHS-Leiter Dr. Otmar Allendorf in den Ruhestand verabschiedet

Da zögert Dr. Otmar Allendorf keine Sekunde: „Nein, bereut habe ich meine Entscheidung nie, die Leitung der VHS übernommen zu haben.” 29 Jahre leitete der promovierte Literaturwissenschaftler die Paderborner Volkshochschule. Am heutigen Montag wird Dr. Otmar Allendorf offiziell in einer festlichen Veranstaltung im Neuhäuser Schloss in den Ruhestand verabschiedet — auch wenn seine Dienstzeit noch bis 31. Mai dauert.

Akten unterm Arm, die Kamera stets vor der Brust: „Ich habe eine tragende Rolle am Kamp gespielt und viele Akten zwischen den beiden Dienststellen hin und hergetragen „, schmunzelt Dr. Otmar Allendorf in seiner humorvollen Art. Immer dabei: seine Kamera!

Und warum ist ihm die Zeit nie schwer gefallen? „Weil mir Politik und Vorgesetzte die Freiräume gelassen haben, die ich für die Weiterentwicklung der Volkshochschule gut nutzen konnte”, begründet der 64-Jährige. In der Tat. Gut entwickelt hat sich die Paderborner VHS, die heute 1.500 Veranstaltungen im Jahr bewältigt und bis zu 25.000 Teilnehmer zählt. Der Haushalt liegt bei rund einer Million Euro, sieben Festangestellte teilen sich sechs Stellen, dazu gibt’s rund 500 Dozenten.

Ein eigenes Unternehmen, dass selbst eine gehörige Entwicklung durchgemacht hat. Auch inhaltlich. Standen Mitte der 70-er Jahre eher freizeitorientierte Angebote und Sprachkurse im Mittelpunkt, „hat heute die beruflich verwertbare Weiterbildung einen hohen Anteil”, weiß Dr. Allendorf. Und „persönlichkeitsrelevante Angebote” wie Gesundheitskurse. Besonders wichtig sind dem VHS-Leiter auch die Projekte für benachteiligte Personengruppen wie arbeitslose Jugendlichen. Auch für Behinderte bietet die Volkshochschule seit 1981 konkrete Angebote an.

Doch auch dabei wird die VHS der Zukunft nicht stehen bleiben können. „Künftig wird wohl noch mehr Wert auf berufliche Qualifizierung gelegt. Gesundheitsthemen werden weiter zunehmen, die Prävention und die Weiterbildung für Senioren”, meint Dr. Allendorf und vermutet sogar „eine Renaissance, eine Rückbesinnung auf Bildungsinhalte der klassischen Art wie Literatur, Theater und Geschichte”.

Geändert haben sich allerdings nicht nur die Inhalte, auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen mit anderen Erwartungshaltungen. „Heute wollen sie in kurzer Zeit Erfolge haben. Auch darauf haben wir mit Kompatkursen reagiert, doch das geht nicht bei allen Themen”, ist Allendorf überzeugt.

Privat lebt der VHS-Leiter in Bad Lippspringe. Er ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Töchter. Geboren wurde Dr. Allendorf in Obereifenberg bei Königstein im Taunus. Beruflich wechselte er 1976 von der Nixdorf Computer AG zur VHS. Bekannt ist Dr. Allendorf allerdings auch durch seine aktive Freizeitgestaltung: Er ist Geschäftsführer des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises, passionierter Fotograf mit der seltenen Gabe, seine Fotos in sehr unterhaltsamen Vorträge präsentieren zu können. Und er ist Vorsitzender der „Brücke”, der Aktionsgemeinschaft älterer Mitbürger in Paderborn und Umgebung. Dazu leitete Allendorf 20 Jahre den Turnverein TV Jahn in Bad Lippspringe, dessen Ehrenvorsitzender er heute ist. Doch zurück zur VHS und der Bildung. Als einen der Höhepunkte seiner Laufbahn bezeichnet der scheidende Leiter die Weiterbildungsbörse 2002, die von der VHS federführend aus der Tauf gehoben wurde. Und die Weiterbildungskonferenz. Und was ist noch nicht erledigt? Auch da hat der wortgewandte Mann eine Antwort parat: „Das Haus der Weiterbildung, das ich gerne noch eröffnet hätte. Diese Idee gebe ich an meine Nachfolgerin weiter.” An diese Aufgabe darf sich Petra Hensel-Stolz heran machen. Die 43-jährige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Paderborn wird, wie bereits berichtet, neue Leiterin der Paderborner VHS.

VON PETER HASENBEIN (TEXT) UND REINHARD ROHLF (FOTO)
NW 18.04.05