Der Bürgermeister hat Großes vor

Zu Libori 2022 Treffen aller
sechs Partnerstädte geplant

Wenn im Sommer 2022 nach hoffentlich überwundener Corona-Pandemie wieder in großem Rahmen Libori eingeläutet werden kann, will Bürgermeister Michael Dreier Gäste aus allen sechs Partnerstädten einladen, um in Paderborn ausgiebig das Jubiläum „500 Jahre Libori-Kirmes“ zu feiern. Das kündigte Dreier am Vorabend von Libori 2021 an. Da das diesjährige „Libori light“ wegen Corona ohne internationale Gäste über die Bühne gehen  muss, hatten sich Dreier und seine Mitarbeiterinnen aus dem Bürgermeister-Referat der Stadt eine besondere Begegnung ausgedacht. Erstmals waren alle Paderborner Partnerstädte zu einem digitalen Treffen versammelt – im Rahmen einer aus dem historischen Rathaussaal geschalteten Zoom-Konferenz. In jeder Partnerstadt mit am Tisch: Ein deutschkundiger Übersetzer.

Amerikafreunde (und nicht nur sie) finden am Pottmarkt-Stand der Hermann Van de Linde KG (Issum) eine reiche Auswahl an Gewürzen für ein schmackhaft-raffiniertes Barbecue. Der Stand befindet sich direkt am nördlichen Schild der „Belleville-Promenade“. Seit 1954 gibt es diesen Händler auf Libori. Tochter Jenny Kaschel (kleines Foto) ist seit elf Jahren dabei und kennt sich mit den 350 verschiedenen Gewürzen, Gewürzmischungen, Kräutern und Tees bestens aus. Foto: Wolfgang Stüken

Dreier nutzte diese Premiere, um der neuen Belleviller Bürgermeisterin Patty Gregory in persönlichen Worten noch einmal zu ihrem vor gut zwei Monaten erfolgten Amtsantritt zu gratulieren. Belleville-Paderborn – das war die größte Entfernung, die es an diesem Abend per Live-Stream zu überbrücken galt. Im Rathaussaal, wohin die Bilder auf großer Leinwand übertragen wurden, waren Vertreter aller Paderborner Partnerschafts-Vereinigungen dabei. Über die Einladung zu Libori 2022 hinaus wartete Dreier mit der Ankündigung auf, im kommenden Jahr nach Möglichkeit allen Partnerstädten einen Besuch abzustatten. Neben Belleville (US-Bundesstaat Illinois) sind dies Le Mans (Frankreich), Bolton (England), Pamplona (Spanien), Przemysl (Polen) und Debrecen (Ungarn).

Dass dieses digitale Treffen mehr als drei Stunden dauerte, hatte auch damit zu tun, dass die Stadt die Detmolder Brauerei Strate als Sponsor gewonnen hatte. Probierpakete mit einer Auswahl  der mehr als zwei Dutzend Bier-Spezialitäten, die in Detmold  hergestellt werden, hatten rechtzeitig zu diesem internationalen Bier-Tasting alle Partnerstädte erreicht, und das „Plopp“ beim Öffnen der Bügelflaschen erklang in einem vielstimmigen Chor. Mit einem aus Belgien, dem Land vieler Biere, stammenden Debrecener Partnerschaftsfreund war für noch mehr internationales Flair gesorgt. Die Bierprobe wurde live aus der Detmolder Brauerei moderiert. Später schaltete sich in der Zoom-Konferenz auch die gut gelaunte Braumeisterin Friederike Strate dazu. Für eine amerikanische Note bei dieser internationalen Bierprobe sorgte das „Detmolder Bourbon Chardonnay“, ein Craftbier aus der lippischen Hauptstadt, das durch eine mehrmonatige Lagerung in echten Bourbon-Whisky-Fässern seine besondere Geschmacknote erhält. Dreimal in Folge ist es in einem internationalen Qualitätswettbewerb von Chefköchen und Bier-Sommeliers in einer Blindverkostung mit der Bestnote ausgezeichnet worden. Damit sicherten sich die Detmolder den selten verliehenen „Crystal Award“.   

Die gut eine Woche vor Libori, am 16. Juli, offiziell eingeweihte „Belleville-Promenade“ ist während der Festwoche eine gefragte Adresse. Während der ersten beiden Liboritage, an denen noch die landesweitere Inzidenzstufe „0“ und keine Zugangsbeschränkung galt, war die Fußwegverbindung durch den Haxthausen-Garten im Mittleren Paderquellgebiet eine viel genutzte Verbindung aus der Innenstadt zum neuntägigen Kirmespark von „Libori light“ auf dem westlichen Maspernplatz. Mit 44 Vergnügungsbetrieben bietet dieser Park im Corona-Sommer 2021 besonders auch für Familien mit Kindern eine willkommene Abwechslung. Außerdem ist die „Belleville-Promenade“ einer der beiden Standorte des vom Dom- und Marktplatz verlagerten traditionsreichen Pottmarktes (täglich 11 bis 20.30 Uhr, insgesamt 42 Stände). Ein Teil des Marktes ist im Paderquellgebiet mit dem Eingang an der Brücke gegenüber der Kaiser-Karls-Residenz zu finden, der zweite Teil in der Nähe der Paderhalle im Haxthausenpark.

Galt an den beiden Tagen des Libori-Eröffnungswochenendes ein ungehinderter Marktzugang über die Belleville-Promenade mit unbegrenzter Besucherzahl und  Ausgang zum Maspernplatz oder über einen Rundkurs durch den Haxthausengarten zurück zur Mühlenstraße, gilt seit Anwendung der Inzidenzstufe I (Masken- und Registrierungspflicht) der Eingang nahe der benachbarten Reineke-Mühle als Zugang mit Einschecken per Luca-App oder Listeneintrag. Von dort führt Querverbindung mit wenigen Schritten auf die „Belleville-Promenade“. Wer über den Pottmarkt-Rundkurs im Haxthausen-Garten schlendert, kann auch einen Blick auf die kleine „Haxthausen-Quelle“ der Pader werfen. Wegen der Landes-Inzidenzstufe 1 dürfen sich gleichzeitig maximal 400 Besucher in diesem Teil des Pottmarktes aufhalten.

Diesem Teil des Pottmarktes bescheinigte die Neue Westfälische eine „ganz eigene, gemütliche Bummel-Atmosphäre. Statt sich eng an eng durch schmale Gassen zu schieben, wird entspannt (und in vorgeschriebener Laufrichtung) von Stand zu Stand flaniert, während im Hintergrund das Plätschern der Pader zu hören und bunte Blumen zu sehen sind. Stress ist auf diesem Rundkurs im Grünen wahrlich ein Fremdwort.“

Allerdings: Wegen fehlender Hinweisschilder an der Mühlenstraße zu diesem Pottmarkt-Eingang war für so manche Liboribesucher zunächst ein wenig detektivischer Spürsinn gefragt. 

Für den Kirmes-Park auf dem Maspernplatz gelten ab Mittwoch, 28. Juli, wieder Lockerungen: Nun dürfen maximal 1.200 getestete Personen den Kirmesplatz betreten – plus 3.800 Personen, die vollständig geimpft oder genesen sind. Es gilt weiter in den Warteschlangen und an den Geschäften selbst eine Maskenpflicht.

Während das Jubiläum „Libori 500. Vom Magdalenenmarkt zu Großlibori 1521 bis 2021“ wegen Corona erst im kommenden Jahr im großen Rahmen – laut Ankündigung des Bürgermeisters mit allen Partnerstädten – gefeiert werden soll, läuft im Stadtmuseum Am Abdinghof bereits die gleichnamige Ausstellung – und das bis zum 30. Januar 2022. Im Sommer 2022 soll dazu ein ausführlicher Bildband erscheinen. Wolfgang Stüken

Jetzt wurde sie offiziell eingeweiht

Willkommen auf der
„Belleville-Promenade“

Der Moment der Enthüllung des Promenaden-Schildes: Stellvertretender Bürgermeister Dietrich Honervogt (rechts) in Aktion. Links neben ihm DAFK-Präsident Kurt-Heiner Sprenkamp. Reporter Jörn Hannemann war sogar auf eine Leiter geklettert, um mit seiner Kamera möglichst nahe an das Objekt der Feier zu rücken. Foto: Stüken

Der perlende Sekt, den sich die gut gelaunte Runde munden ließ, war halbtrocken, das Wetter zur Freude und Überraschung aller nach ausgesprochen feuchten Vortagen sogar völlig trocken. Mehr als 40 Amerikafreunde waren dabei, als Paderborns stellvertretender Bürgermeister Dietrich Honervogt, assistiert von DAFK-Präsident Kurt-Heiner Sprenkamp, mit einem hölzernen Stab die Stoffhülle von Paderborns jüngstem Straßenschild zogen: Prost Belleville-Promenade! Das war der Höhepunkt des diesjährigen Dogwood-Festes, dessen Termin wegen der Corona-Pandemie vom Frühling in den Sommer gerutscht war.

Mit dieser Promenade werde das transatlantische Bündnis zwischen Paderborn und Belleville „auch im öffentlichen Raum sichtbar“, schrieb das  Westfälische Volksblatt (WV). Außerdem werde damit die Verbundenheit „auch im offiziellen Straßenverzeichnis festgeschrieben“.

Der schöne Fußweg, der nach der schönen Partnerstadt benannt ist, verbindet die Paderhalle am Maspernplatz mit der Mühlenstraße und führt durch den Haxthausen-Garten im neu gestalteten Mittleren Paderquellgebiet. Dieses Areal zähle „zu den schönsten Orten der Stadt“, schwärmte das WV.

Dass er ein begeisterter Freund von Deutschlands kürzestem Fluss und zugleich ein ausgezeichneter Kenner der Pader ist, bewies Dietrich Honervogt vor der Enthüllung des Promenadenschildes bei einer ausgiebigen Führung für den Freundeskreis durch das Paderquellgebiet. Am Funktionsmodell der historischen Wasserkunst erklärte der Bürgermeister-Vize, schon Leonardo da Vinci (1452-1519) habe sich einst mit der Frage befasst, wie Wasser von einem tiefer gelegenen Ort zu einem höher gelegenen Punkt befördert werden kann. In Paderborn bestand die Kunst darin, Wasser der Börnepader durch eine hölzerne Leitung hinauf in den Kump des heutigen Liborius-Brunnens am Kamp zu pumpen. Angesichts der mehr als 200 Paderquellen bekannte Honervogt für die Paderborner: „Wir wohnen auf der Pader“. Wenn sie auch als Deutschlands kürzester Fluss bezeichnet werde – kein anderer deutscher Fluss könne für seinen Quellbereich eine Schüttung von „5000 bis 6000 Litern pro Sekunde“ vorweisen wie die Pader, stellte Honervogt heraus. 

Auftakt der Führung durch das Paderquellgebiet. Die Teilnehmer am Fuß einer Treppe zum Abdinghof. Foto: Stüken

Der Ausschuss für Bauen, Planen und Umwelt des Paderborner Rates hatte die vom DAFK angeregte Benennung einer Straße, eines Weges oder Platzes nach der US-Partnerstadt Belleville auf Vorschlag des Paderborner Heimatvereins am 20. August 2020 einstimmig beschlossen. Bereits einige Wochen später installierte das städtische Straßen- und Brückenbauamt die Schilder der neuen Promenade, einer viel frequentierten Fußwegverbindung zwischen Maspernplatz und Innenstadt. Nur eingeweiht werden konnte die „Belleville-Promenade“ bislang nicht, da die Corona-Pandemie lange keine größeren Menschenansammlungen erlaubte. Nun war es endlich so weit. Gern hätte der DAFK auch eine Delegation aus der Partnerstadt zur Einweihung der Promenade begrüßt. Das war wegen Corona nicht möglich.

Ein Dogwood-Strauch für den Haxthausen-Garten an der „Belleville-Promenade“. Kurt-Heiner Sprenkamp übergab den kleinen Hartriegel, der in Amerika Dogwood heißt und Namensgeber des jährlichen DAFK-Frühlingsfestes ist, als Geschenk an stellvertretenden Bürgermeister Dietrich Honervogt. Die diesjährige Blütezeit des Dogwood ist eigentlich vorüber. Aber die DAFK-Mitglieder Elsmarie Beck und ihr Ehemann Manfred (links) hatten im eigenen Garten noch zwei Blüten entdeckt und mitgebracht. Foto: Stüken

Schon als der DAFK im Herbst 2019 in einem Schreiben an den Heimatverein den Wunsch äußerte, eine Straße oder einen Weg der Innenstadt nach der US-Partnerstadt zu benennen, hatte der Vorstand den zwischen Paderhalle und Mühlenstraße gelegenen Haxthausen-Garten im Mittleren Paderquellgebiet im Blick. Denn von hier, dem Standort des ehemaligen Haxthausenhofes, könnte es eine historische Verbindung nach Belleville gegeben haben. Das war seinerzeit allerdings nur eine Vermutung. Der aus Frankfurt am Main stammende und nach Belleville geflüchtete berühmte Deutschamerikaner Gustav Körner (1809-1896), schrieb in seinen Lebenserinnerungen von den „aus Westfalen“ stammenden Auswanderern Hermann und Heinrich von Haxthausen, die in den 1830er Jahren – wie er selbst zunächst auch – in der Siedlung „lateinischer Bauern“ wenige Meilen östlich von Belleville ansässig geworden waren.

„Lateinische Bauern“? Das waren deutsche Emigranten, die an hiesigen Unis studiert und sich als Mediziner oder Juristen meist aus politischen Gründen entschlossen hatten, auszuwandern und ihr Glück als Farmer in der „Neuen Welt“ zu suchen.

Rechtzeitig zur Einweihung der „Belleville-Promenade“ hat der Paderborner Historiker Dr. Rainer Decker die Geschichte des Paderborner Haxthausenhofes und seiner Bewohner erforscht und darüber in der Osterausgabe (Heft Nr. 189/2021) der Heimatzeitschrift „Die Warte“ berichtet.

Die beiden Amerika-Auswanderer Heinrich (1801-184) und Hermann (1807-1864) von Haxthausen, beide gelernte Juristen, so fand der auch genealogisch versierte Decker heraus, sind tatsächlich 1835 von diesem Paderborner Hof – Hermann wurde auch hier geboren – nach Amerika aufgebrochen. Sie nahmen vermutlich von Paderborn auch mehrere Bedienstete mit. Heinrich und Hermann von Haxthausen dürften damit zu den ersten Emigranten zählen, die in der Nähe der heutigen Partnerstadt ansässig wurden. Die Neue Westfälische (NW) nannte die „Belleville-Promenade“ daher eine „Erinnerung an die ersten Auswanderer“.

Heinrich und Hermann von Haxthausen hielt es allerdings nicht für längere Zeit in Illinois. Sie hatten nicht die Kraft und Ausdauer, in der Prärie eine Farm aufzubauen und zu betreiben. Die adligen Herren waren zwar hoch gebildet, aber völlig unpraktisch veranlagt. Es mangelte ihnen auch an wirtschaftlichem Sachverstand. Sie verzettelten sich schließlich, als sie gleichzeitig auch noch eine Sägemühle und eine Brennerei betreiben wollten. Hermann von Haxthausen kehrte 1843 oder Anfang 1844 nach Paderborn zurück, wo er ab Februar 1844 sein Referendariat am damaligen Oberlandesgericht fortsetzen konnte. Sein älterer Bruder Heinrich veräußerte  Ende der 1830er Jahre seine Farm an seinen Knecht, weil der Lohn, dem er diesem schuldete, fast den Kaufwert der Farm erreichte. Heinrich zog nach St. Louis, wo er eine Gastwirtschaft eröffnete und 1840 eine Frau aus dem Hannoverschen heiratete. Die Ehe scheiterte. Nach der Trennung kehrte auch Heinrich 1845 nach Paderborn zurück. Er starb im Dezember 1846 auf dem Haxthausenhof. 

Ein früher Belleville-Besucher: Franz Löher (1818-1892) besuchte als Reiseschriftsteller 1846/1847 die heutige Partnerstadt. Auch in der Nähe bei den „lateinischen Bauern“ sah er sich um. Er nannte sie „Gentlemen Farmer“. Foto: Archiv Stüken

Zu diesem Zeitpunkt befand sich der 1818 im Schildern geborene Fleischersohn Franz Löher, ebenfalls angehender Jurist, seit wenigen Monaten in den USA, um hier als junger Reiseschriftsteller 1846 und 1847 Ansiedlungen deutscher Einwanderer zu erkunden. Löher schrieb damals über den Bundesstaat Illinois: „Der von Deutschen am meisten bevölkerte Bezirk ist der von St. Clair mit der Hauptstadt Belleville, in welcher deutsches Leben einen schönen Mittelpunkt gefunden hat.“ Nachdem Löher im Juli 1947 die Arbeit an diesem Buch abgeschlossen hatte, durchstreifte er ein weiteres Mal drei Monate lang die Vereinigten Staaten und kam erneut in die „schöne Stadt“ im Süden von Illinois, die nach frühen französischen Siedlern benannt ist. „Diese lebhafte und freundliche Stadt ist vorzugsweise von gebildeten Deutschen bewohnt und bietet unsern Landsleuten mehr Annehmlichkeiten, als irgend eine ähnliche Stadt in Amerika“, schrieb Löher über die Stadt, nach der nun, fast 175 Jahre später, eine Promenade benannt wurde.

Vor diesem zweiten Belleville-Besuch stattete Franz Löher auch den „Lateinischen Bauern“ im Tal von Shiloh einen Besuch ab. Es fünf bis acht Meilen östlich von Belleville. Löher nannte diese Auswanderer „Gentleman Farmer“. Er schrieb über sie einen Beitrag seiner Reiseskizzen „Land und Leute in der alten und neuen Welt“, die 1855 in Göttingen und New York erschienen.

Bereits 1837 war über die Siedlung der „Lateinischen Bauern“ ein längerer Artikel in der in St. Louis herausgegebenen, aber in Heidelberg gedruckten Zeitschrift „Das Westland“ erschienen. Auf der im „Westland“ angefügten „Plankarte der Deutschen Niederlassung im St. Clair Bezirk in Illinois, östlich von Belleville“ ist eine Farm mit dem deutschen Namen „Haxthausen“ verzeichnet. Löher schreibt in einem Bericht über die „Gentlemen Farmer“ von der „Farm eines mir schon von Deutschland her bekannten Barons“. Gemeint war zweifellos Heinrich von Haxthausen, der inzwischen als Rückkehrer zum Haxthausenhof in Paderborn gestorben war. Dessen Namen nannte Löher nicht, auch nicht den gemeinsamen Herkunftsort Paderborn. Aber in der Siedlung der Latin Farmer sorgte Heinrich von Haxthausen auch 1847 immer noch für Gesprächsstoff. Nicht nur wenigen seines wirtschaftlichen Misserfolges. Er muss ein ausgesprochen kurzsichtiger Mensch gewesen sein. Als er auf die Jagd ging, erlegte er die im Wald stehende Kuh eines Nachbarn, die er für ein stattliches Stück Wild hielt. Auf diese Weise verlor auch ein zahmer Truthahn sein Leben, der auf dem Gartenzaun eines anderen Nachbarn hockte.

Rainer Decker fand heraus, dass die Haxthausen-Brüder sich einer Auswanderergruppe aus dem Hochstift anschlossen, die der aus Lichtenau stammende preußische Kantonsbeamte Nikolaus Hesse (1794-1868) um sich geschart hatte. Im Frühjahr 1835 begann in Beverungen die Fahrt der Auswanderer nach Bremen mit einem ziemlich maroden Weserschiff. Die Gruppe zählte an die 90 Personen – alle aus dem Bereich des Hochstiftes. Die Zahl verdeutlicht, wie groß damals der Drang war, in Amerika ein neues, besseres Leben zu suchen. Und diese Auswanderung zeigt, wie gefährlich die große Reise werden konnte. Schon in Höxter hätte der Weserkahn um Haaresbreite einen Pfeiler der Weserbrücke gerammt. Dies lag vor allem daran, dass der Kapitän ständig unter Alkohol stand. Am 21. Mai begann in Bremen die Überfahrt mit dem Dreimastsegler „Jefferson“. Der erreichte mit 160 Passagieren nach 45 Reisetagen am 4. Juli Baltimore. Die Gruppe von Nikolaus Hesse teilte sich. Etwa 40 Personen, darunter die Familienmitglieder Hesses und die Haxthausen-Brüder, erreichten am 9. August über den Ohio und den Mississippi St. Louis (Missouri).

In Briefen von Auswanderern, die mit der „Jefferson“ nach Amerika reisten und auf die Rainer Decker gestoßen ist, ist auch von den Brüdern Haxthausen die Rede. Hermann von Haxthausen wird als gutmütig, friedliebend und hilfsbereit beschrieben, der ältere Bruder Heinrich dagegen als bizarre Persönlichkeit, die es liebte, sich und andere unglücklich zu machen. Decker sagt, heute würde man bei Heinrich von Haxthausen von völlig fehlender Teamfähigkeit sprechen. Und ein Geizhals war er auch. Er nervte die Mitreisenden zum Beispiel mit ständigem Jammern über die Höhe des Reisepreises.

Schöner Zufall: Während der DAFK in Paderborn die „Belleville Promenade“ einweihte, ist in Ilinois die Historische Gesellschaft des Kreises St. Clair, die ihren Sitz in Belleville hat, dabei im kleineren Nachbarort Shiloh eine Erinnerungstafel für und an die „Latin Farmer“ aufzustellen. Mit einer großen Abbildung jenes Planes von 1837, auf dem auch der Name Haxthausen zu sehen ist. Dieses „Latin Famers Historical Sign“ sollte eigentlich schon am 19. Juni in einem neu angelegten kleinen Park seiner Bestimmung übergeben werden. Doch der Termin ist verschoben worden, weil die Parkanlage nicht rechtzeitig fertig geworden ist. Der Ort Shiloh liegt auf dem Gebiet des einstigen Settlements der deutschen Farmer.

• Über die Siedlung der „Lateinischen Farmer“ ist auch ein ausführlicher Beitrag im dritten Band  DAFK-Buchreihe „Auf nach Amerika!“ zu lesen (Herausgeber: Bernd Boer, Otmar Allendorf, Heinz Marxkors und Wolfgang Stüken). Er trägt den Titel: „Ein merkwürdig Stück deutsches Leben“.

• Über die Geschichte des Haxthausenhofes informiert auch eine bebilderte Pulttafel des Paderborner Verkehrsvereins, die an der Belleville-Promenade nahe am Zugang von der  Mühlenstraße steht. Sie ist auch auf der Internetseite www.zeitreise-paderborn.de zu finden. Wolfgang Stüken

Dogwood-Fest am 16. Juli

Prosit, schöne Promenade!

Prosit „Belleville-Promenade“! Am Freitag, 16. Juli, wird die nach der Paderborner US-Partnerstadt benannte Verbindung zwischen Paderhalle (Maspernplatz) und Mühlenstraße endlich eingeweiht. Dies geschieht im Rahmen des traditionellen Dogwood-Festes, das wegen der bis vor kurzem geltenden Corona-Beschränkungen vom Frühjahr in den Sommer verlegt worden ist. Zahlreiche DAFK-Mitglieder haben sich für die Veranstaltungen dieses Tages angemeldet. Stellvertretender Bürgermeister Dietrich Honervogt wird das nahe der Paderhallen-Rückseite gelegene Promenadenschild um 17 Uhr gemeinsam mit DAFK-Präsident Kurt-Heiner Sprenkamp im Rahmen eines Sektempfangs auf der Promenade enthüllen. Die „Belleville-Promenade“ führt durch den Haxthausen-Garten, der Teil des neu gestalteten und bereits mit Preisen bedachten Mittleren Paderquellgebietes ist. Bevor die Sektkorken knallen, wird Honervogt, seit 2012 Vorsitzender des Vereins „Freunde der Pader“ und damit ein ausgewiesener Fan und Kenner von Deutschlands kürzestem Fluss, für dafür angemeldete Amerikafreunde (siehe Terminkalender) eine Führung durch das Paderquellgebiet unternehmen, die auf der „Belleville-Promenade“ endet.

Trauer um Oliver Boraucke

Viele Austauschprogramme
mit Belleville gestaltet

Der Deutsch-Amerikanische Freundeskreis trauert um Oliver Boraucke. Der Diplom-Sozialarbeiter des Paderborner Jugendamtes ist fünf Monate vor Vollendung seines 60. Lebensjahres plötzlich gestorben.

Boraucke zählte zu den Pionieren des bereits 1990, dem Geburtsjahr der Städtepartnerschaft, gestarteten Jugendaustausches mit der US-Partnerstadt Belleville. Gemeinsam mit seinem Kollegen und Freund Ludwig Koch, dem späteren Stadtjugendpfleger und heutigen Sozialamtsleiter, organisierte und leitete Boraucke  in den Anfangsjahren viele Begegnungen mit und zwischen jungen Leuten beider Partnerstädte. Später übernahm der Freundeskreis selbst die Regie des dreiwöchigen Sommeraustausches und des 2005 eingeführten dreimonatigen Schüleraustausches zwischen Paderborn und Belleville.

Oliver Boraucke (1961-2021)

Seit vielen Jahren gehörte Oliver Boraucke als Beiratsmitglied zum erweiterten Vorstand des DAFK. Bevor am Freitag, 2. Juli, an der Kapelle des Paderborner Westfriedhofes der Trauerzug zur Beisetzung des Verstorbenen begann, erklang aus den Lautsprechern einer der Lieblingssongs Borauckes: „Wish you were here“  von der britischen Rockband Pink Floyd.

Der beliebte und für sein herzliches Wesen geschätzte Sozialarbeiter stand seit 1990 in Diensten der Stadt. Er gestaltete als ausgewiesener Fachmann die Jugendhilfeplanung der Großstadt mit. Als Koordinator des Lokalen Bündnisses für Familie zählte er zu den Initiatoren des 2008 gegründeten Familien-Service-Centers im Rathaus. Paderborn erlangte damit 2010 eine Auszeichnung im Bundeswettbewerb „Land der Ideen“.

Boraucke engagierte sich auf vielfältige Weise im Ausbau der internationalen Kontakte Paderborns. Er unterstützte auch Besuchsprogramme mit jungen Menschen der anderen Partnerstädte. Insbesondere lagen ihm auch die Beziehungen zu Israel am Herzen. Wiederholt gestaltete er Paderborn-Aufenthalte für Multiplikatorengruppen der Bereiche Jugend, Schule und Soziales aus Haifa. Im Paderborner Jugendamt leitete er zuletzt die Abteilung „Sozialbezirksübergreifende Aufgaben“.

Zu den Trauergästen am 2. Juli zählten auch der frühere Bürgermeister Heinz Paus und der Vorsitzende des städtischen Jugendhilfeausschusses, Ratsmitglied Bernhard Schaefer.  Wolfgang Stüken